„Öffne deine Hüften“ sagen Yogi*nis so häufig! Warum eigentlich? Und warum kann Yin Yoga dir so viel Gutes für deine Hüfte tun?
Unsere Hüften sind ein zentraler Kern für unseren Bewegungsapparat. Aus yogischer Sicht sitzen hier oft emotionale Blockaden fest. Und wenn du deine Hüften öffnest, beugst du vielen körperlichen Problemen wie Fehlhaltungen, sowie Rücken-, Knie-, Schulter- und Kieferproblemen vor. Aber warum ist das eigentlich so?
Inhalt
Aufbau der Hüfte und wie sie mit dem Körper zusammenhängt
Um das komplexe System Hüfte besser verstehen zu können, ist es wichtig, zunächst die wichtigsten Muskeln, aber auch den Zusammenhang mit den Faszien zu kennen. Daher legen wir direkt los:
Psoas
Der Musculus Psoas Major, auch “großer Lenden-Darmbeinmuskel” ist eigentlich eine Muskelgruppe, die die Wirbelsäule mit dem Oberschenkel verbindet und durch die Hüfte läuft.

Diese Muskelgruppe ich wichtig für den gesamten Bewegungsapparat im Körper. Zum einen ist der Psoas der wichtigste Hüftbeuger. Er kippt die Hüfte nach vorne und hinten. Zum Anderen ist der Psoas für die Auswärtsdrehung des Oberschenkels in der Hüfte zuständig. Und als dritter wichtiger Punkt kann er bei Anspannung auch die untere Wirbelsäule nach vorne beugen (also in ein “Hohlkreuz” bzw. in die Lordose). Der Psoas ist einmal auf der rechten und der linken Seite im Körper vorhanden. Wird nur eine Seite angespannt, kann die Wirbelsäule auch in eine seitliche Neigung gezogen werden.
Piriformis
Der Piriformis Muskel, auch “birnenförmiger Muskel” genannt, liegt unter dem große Gesäßmuskel. Er verbindet das Kreuzbein mit dem Oberschenkelknochen und verläuft dabei nah am Beckenknochen entlang.

Der Piriformis dreht den Oberschenkel im Stehen nach außen oder nach hinten. Damit ist er maßgeblich für die innen- und außen-Rotation des Oberschenkels. „Enge“-Gefühle in der Hüfte hängen sehr häufig mit einer Verkürzung des Piriformis zusammen und entsprechend fühlen sich ausgiebige Dehnungen in diesem Bereich sehr befreiend und öffnend an und können so auch Raum schaffen, um sich für emotionale Blockaden zu öffnen.
Faszien-Ketten, die für die Hüfte wichtig sind
Eigentlich ist die Hüfte ein wesentlicher Bestandteil fast aller Faszienketten im Körper. Wenn du genauer erfahren möchtest, was genau Faszien und Faszienketten sind, kannst du dies in dem Blogartikel, den wir dazu auf unserer Seite veröffentlicht haben, noch genauer nachlesen. Hier gehen wir auf zwei besonders relevante Faszienketten ein:
Tiefe Frontallinie
Die Tiefe Frontallinie, wie der Name schon sagt, verläuft durch die tiefen Gewebeschichten unseres Körpers und ist auch eng mit unseren Organen verbunden. Sowohl der Psoas, als auch der Piriformis sind Teil dieser Faszien-Kette. Sie beginnt an den Fußunterseiten, verläuft eng an der Rückseite der Unterschenkel entlang, teilt sich dann in mehrere Stränge und läuft weiter um und durch das Becken, durch die Muskulatur, die unsere Organe umfasst, weiter an der Innenseite des Brustkorbes entlang, um schließlich an der Schädelunterseite und den Schädelseiten zu enden.
Eine der Hauptaufgaben dieser Faszien-Kette ist die Verbindung der Muskeln und Faszien mit unseren Hauptorganen.
Betrachten wir diese Faszien-Kette, können wir deutlich besser verstehen, wie Verspannungen der Hüfte auch einen Einfluss auf beispielsweise den Brustkorb, den Schulter-Nacken-Bereich oder den Kiefer haben und umgekehrt.
Oberflächliche Frontallinie

Diese Faszien-Kette reicht von den Fußrücken bis an die Schädelseiten und verläuft dabei über die Körpervorderseiten, also Fußrücken, Schienbein-Muskulatur, Oberschenkel – hier fest – weiter von der Hüfte als festes Element über die Bauchmuskulatur, Brustkorb entlang des Sternums über die seitliche Halsmuskulatur zu den Schädelseiten. Die Hüfte ist hier eine wichtige Stelle. Wenn wir die Hüfte beugen, wird diese Faszien-Kette unterbrochen.
Diese Faszien-Kette hat viele Funktionen. Sie ist u.a. das Gegengewicht zur rückwärtigen Faszien-Kette. Besonders deutlich wird eine Funktion, wenn wir uns vorstellen, wie es sich anfühlt, wenn wir uns erschrecken. Die Körpervorderseite zieht sich zusammen. Sie ist also für unsere Schutzreaktion wichtig. Durch schnelle Anspannung der einzelnen Teile schützt sie unsere gesamte Körpervorderseite.
Welche Beschwerden treten im Körper auf, die ihren Ursprung in der Hüfte haben?
Psoas
Ein verkürzter Psoas sorgt für Beckenschiefstand, da er das Becken übermäßig nach vorne kippt. Durch diese dauerhafte Beckenkippung wird auch die untere Wirbelsäule dauerhaft und übermäßig nach vorne gezogen (siehe Abb.), man nennt dies auch Hyperlordose oder besser bekannt als Hohlkreuz. Diese und andere Fehlhaltungen im ganzen Körper können auf Dauer zu weiteren Muskelverkrampfungen oder Bandscheibenvorfällen im unteren Rücken führen und somit starke Schmerzen verursachen.
Piriformis
Ein verkürzter Piriformis drückt auf den Ischias-Nerv (den dicksten Nerv im Körper) und sorgt so für Schmerzen im Gesäß und im Hüftbereich und kann Kribbeln im Bein auslösen. Eine starke Dehnung des Piriformis kann die Symptome lindern. Wie, erfährst du weiter unten im Artikel.
Faszienketten
Wie du bereits im Abschnitt über die Faszienketten nachvollziehen konntest, hängen auch muskuläre Verspannungen entlang der Faszienketten mit der Hüfte zusammen. So können z.B. Schulter-, Nacken- und Kieferverspannungen oder Kniebeschwerden ihre Ursachen in der Hüfte haben.
Wie hilft Yin Yoga?

Yin Yoga ist ganz besonders gut geeignet, um die Hüfte zu trainieren. Da das Hüftgelenk von vielen Muskeln und Faszien “eingepackt” ist und sich zudem auch noch viele bedeutende Faszienketten hier kreuzen, ist es schwierig Veränderungen in der Hüfte mit dynamischen und kraftvollen Übungen zu erreichen.
Insbesondere die großen Muskeln und Faszienketten erfordern eine langsame, passive Arbeit, um langfristige Veränderung zu erreichen. Damit sind die Asanas im Yin Yoga bzw. die ruhige und passive Art Yin Yoga zu üben, perfekt, um hier nicht nur kurzfristig Schmerzen zu lindern, sondern auch langfristig die Hüfte zu entspannen und damit auch in den Regionen rund um die Hüfte für Entspannung und Harmonie zu sorgen.
3 “Erste Hilfe” Übungen aus dem Yin Yoga
Die folgenden drei Übungen sind besonders gut geeignet, um unmittelbar auf eventuelle Beschwerden zu reagieren und können wunderbar zwischendurch praktiziert werden. Achte darauf, dass du die Übungen sanft und ohne Spannung ausführst (dich also nicht zu sehr in die Bewegung hineinzwängst). Denn Anspannung führt zu einem Verkrampfen der Muskeln und verhindert damit ein Öffnen und Dehnen.
Nadelöhr
Im Nadelöhr dehnst du insbesondere den Piriformis (den Muskel, der Hüfte und Oberschenkelknochen miteinander verbindet). Damit reguliert du primär den Druck auf den Ischias-Nerv, der häufig die Ursache für Schmerzen in der Hüfte, dem unteren Rücken und/oder einem unangenehmen “kribbeln” in den Beinen ist.
Der Piriformis ist auch verantwortlich für die Rotation des Oberschenkel-Knochens im Hüftgelenk. Somit kann das Nadelöhr eine großartige Übung sein, um Enge-Gefühl in den Hüften zu lösen und zu entspannen.

- lege dich flach auf den Rücken
- stelle den rechten Fuß auf und winkele das Knie
- lege den linken Fuß über den rechten Oberschenkel
- greife die Rückseite des rechten Oberschenkels und ziehe das rechte Bein Richtung Kopf
- lasse die Schultern locker
- finde eine Position in der du Dehnung im Gesäß spürst
- achte darauf das die Dehnung sanft und auf keinen Fall Schmerzhaft ist
- halte für min. 3 Minuten
- wechsele die Seite
Baby-Frosch
Mit dem Baby-Frosch dehnst du insbesondere die großen Muskeln rund um die Hüfte und die Faszien der tiefen Frontallinie. Hier bringst du vor allem Weite in die Hüften und sorgst für spürbar mehr Bewegungsfreiheit und entlastest den unteren Rücken.
Das in-sich-kehren der Asana ist zudem sehr entspannend und gut geeignet um Stress abzubauen und Emotionen, die sich in der Hüfte festgesetzt haben zu lösen. Das kannst du ganz besonders unterstützen, indem du in dieser Asana bewusst und tief in den unteren Bauch und die Hüften einatmest und mit dem Ausatmen einen Entspannungs- und Los-lass-Impuls in die Hüfte schickst.

- beginne im Vierfüßlerstand, mit den Händen unter den Schultern und den Knien unter der Hüfte
- lasse die Unterarme langsam nach vorne und die Brust Richtung Boden gleiten
- gib die Knie langsam nach außen, bis du eine angenehme Dehnung in der Hüfte spürst
- lasse die Hüfte nach hinten Richtung Fersen sinken
- bleibe hier für mindestens 3 Minuten
- bringe die Knie sanft wieder unter die Hüften
- wandere mit den Armen zurück, bis du wieder im Vierfüßlerstand stehst
Baby-Drache
Mit dem Drachen dehnst du ganz bewusst den Iliopsoas (Hüftbeuger-Muskel), aber auch die Vorderseite des Oberschenkels, die Leiste und die Hüfte. Der Drache ist sehr Variabel und kann dadurch auch sehr vielseitig eingesetzt werden und verschiedenste Muskeln und Faszien-Gruppen ansprechen. Hier konzentrieren wir uns auf die einfachste Form des Drachen, den Baby-Drachen.
Der Drache gilt als die “Yang Asana” im Yin Yoga, weil er auch sehr kräftigend ist und dabei hilft, die Stützmuskulatur in der Körpermitte aufzubauen. Sei hier also sanft zu dir und halte nur solange wie angenehm, um nicht zu verspannen und dich der Dehnung in Bein und Körperrückseite zu berauben.

- beginne entweder im Vierfüßlerstand oder im herabschauenden Hund
- bringe den rechten Fuß nach vorne zwischen die Hände
- achte darauf das Knie über dem Sprunggelenk ist
- bringe das Knie des linken Beines so weit es geht (und angenehm ist) zurück bis du Dehnung im Oberschenkel verspürst
- Lasse die Hände auf dem Boden bzw. unterstütze ggf. mit Blöcken
- halte hier für 3 Minuten oder solange wie angenehm
- kehre zurück zur Ausgangsposition und wechsele die Seite
Und wie geht es weiter?
Diese Übungen ersetzen natürlich kein regelmäßiges Training der Hüfte. Einmal die Woche eine ausgiebige Yin Yoga Praxis kann bereits dabei helfen, langfristig positive Effekte zu erzielen und nicht nur zu einem größeren Wohlbefinden im ganzen Körper zu gelangen, sondern auch zu einer größeren Bewegungsfreiheit und damit einem insgesamt größeren Freiheitsgefühl.
Wenn du regelmäßig, bequem unter Anleitung üben möchtest, dann bist du in unseren offenen Stunden genau richtig. Wirf einen Blick in unseren Stundenplan und schau, wann es am besten für dich passt. Wir freuen uns auf dich.